C) Die Frage nach der „Haftung“ ? Rechtliche Grundlagen

In solchen Fällen wird regelmäßig die Frage nach der „Haftung der Bank beim Online-Banking“ gestellt, wobei häufig nur danach gefragt wird, in welche Sphäre ein Fehler fällt, wer welches Risiko zu tragen hat und ob dem einen oder dem anderen Beweiserleichterungen zu Gute kommen,[24] ohne dass die Grundlage der „Haftung“ dargelegt wird. Diese wird im Folgenden kurz dargestellt werden:Online gilt nichts anderes als offline. Als Grundlage eines Anspruchs der Bank gegen den Kunden kommt der Girovertrag gemäß § 676a ff BGB in Betracht. Die Überweisung bildet einen selbständigen Vertrag, dessen Hauptleistungspflicht der Bank die Ausführung der Überweisung ist.[25] Der Erstattungsanspruch der Bank ist nicht gesondert in § 676a f BGB geregelt; § 675 I BGB verweist auf § 670 BGB. Die (Über-)Weisung des Kunden zielt dann tatsächlich auf die Gutschrift des Betrages auf dem Empfängerkonto. Die Gutschrift ist ein abstraktes Schuldanerkenntnis der das Empfängerkonto führenden Bank gegenüber dem Empfänger.[26] Rechtlich zielt die Weisung des Kunden gegenüber der Hausbank dann entweder auf die Erteilung eines abstrakten Schuldanerkenntnis der eigenen Bank gegenüber dem Überweisungsempfänger, wenn das Empfängerkonto bei dem gleichen Institut geführt wird (hausinterne Überweisung)[27] oder auf die Weiterleitung einer gleichlautenden Weisung an ein anderes Kreditinstitut (außerbetriebliche Überweisung).[28] [29] Das erteilte Schuldanerkenntnis der Empfängerbank gegenüber dem Überweisungsempfänger stellt für die Überweisungsempfängerbank eine Aufwendung im Rahmen der entgeltlichen Geschäftsbesorgung gegenüber der überweisenden Bank dar. Diese Aufwendung kann die Empfängerbank gemäß § 670 BGB von der überweisenden Bank erstattet verlangen,[30] wenn die Aufwendung zur Ausführung des Auftrages bzw. der Geschäftsbesorgung erforderlich war. Die Erstattung dieser Aufwendungen stellt für die überweisende Bank wiederum eine Aufwendung dar, deren Erstattung sie ihrerseits gemäß § 670 BGB vom Überweisenden (Kunden) verlangen kann, wenn sie zur Ausführung der Weisung erforderlich war.[31] Die Aufwendung zur Ausführung der Überweisung war erforderlich, wenn die Überweisung vom Kunden wirksam erteilt wurde oder ihm zumindest zugerechnet werden muss.[32] Dann besteht der Erstattungsanspruch. Fehlt es an der Weisung, besteht dieser Anspruch nicht. Dogmatisch stellt sich somit nicht die Frage nach der „Haftung“, sondern die Frage des Bestehens und der Durchsetzbarkeit eines vertraglichen Erstattungsanspruchs.

d) Die Haftung des Kunden ?

Umgekehrt kann dem hingegen eine „Haftung des Kunden“ aus § 241 II, 280 I BGB gegenüber der Bank bestehen, wenn die Ausführung einer Überweisung zwar nicht auf einer zumindest zurechenbaren Willenserklärung des Kunden beruht, sich jedoch auf ein pflichtwidriges Verhalten des Kunden zurückführen lässt. Als Haftung des Kunden ist dann die Situation zu bezeichnen, dass die Bank einen Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen hat, obwohl keine wirksame/zurechenbare Erklärung des Kunden vorlag.

e) Erscheinung in der Praxis


Die (unzutreffende) Frage nach „der Haftung der Bank“ resultiert aus der Erscheinung in der Praxis, dass ein Fehler in der Überweisung erst nach der Belastung des Kundenkontos bemerkt wird und sich dann nicht mehr die Frage nach dem „Ob“ der Erstattung der Aufwendungen der Bank, sondern nach der Verpflichtung der Bank zur Wiederherstellung den Kundensaldos stellt.[33] Die Verpflichtung der Bank zur Wiederherstellung des ursprünglichen Kundensaldos umschreibt aber rechtstechnisch nur die Frage nach dem Bestehen eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Bank nach § 812 BGB[34], bei dem die causa wiederum von der Wirksamkeit der (Über-)Weisung abhängt. Die Frage ist letztendlich die gleiche wie soeben dargestellt, nur wird das Problem auf die Rückabwicklung verlagert, was dann nach außen ggf. als Zahlungspflicht der Bank und somit als deren „Haftung“ erscheint.

f) Zwischenergebnis

  • Die Bank haftet dogmatisch nicht, sie trägt ein Ausfallrisiko hinsichtlich eines Erstattungsanspruchs für getätigte Aufwendungen.
  • Sie hat nur dann einen Erstattungsanspruch gemäß § 670 BGB, wenn eine wirksame Weisung des Kunden vorliegt oder eine nicht vom Kunden stammende ihm zuzurechnen ist.
  • Der Kunde kann sich durch eigene schuldhafte Sorgfaltspflichtverletzungen aus §§ 241 II, 280 I BGB schadenersatzpflichtig gegenüber der Bank machen.

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