D) Anwendung auf die Online-Überweisung

1.) Grundfall
Eine wirksame Weisung des Kunden ist zweifelsfrei anzunehmen, wenn das gewählte Verfahren absprachegemäß durch den Kunden bedient wird. Hierauf haben sich die Parteien durch Abschluss der Online-Banking-Vereinbarung als Übertragungsmedium für die Übermittlung der Willenserklärung geeinigt.[35]

2.) Stellvertretung

Tritt ein Stellvertreter auf, ist dessen Tätigwerden für die Bank als Erklärungsempfänger typischerweise nicht zu erkennen, da die Erklärung unpersönlich abgegeben wird. Sie ist grundsätzlich anonym.[36] Allein die Verwendung der Passwörter deutet aus Sicht der Bank darauf hin, dass der Kunde der Absender der Erklärung sei. In der Beauftragung eines Dritten durch den Kunden liegt eine Innenvollmacht i.S.d. §§ 164ff BGB. Der Vertreter tritt konkludent in fremden Namen, dem des Kunden, auf und gibt eine eigene Willenserklärung im Rahmen seiner Vertretungsmacht ab. Lediglich die Tatsache, dass ein Vertreter tätig geworden ist, bleibt der Bank verborgen; somit besteht ein Verstoß gegen das Offenkundigkeitsprinzip gemäß § 164 I 1 BGB. Dies steht jedoch der Annahme einer wirksamen Vertretung nicht entgegen.[37] In Betracht kommt eine Anwendung der Fallgruppe des „Handelns unter fremdem Namen“.[38] So liegt kein Eigengeschäft des Handelnden vor, da der Erklärungsempfänger ausschließlich mit dem Kontoinhaber, also dem Vertretenen, kontrahieren will.[39] Eine Zurechnung ist dann für und wider den Vertretenen anzunehmen, wenn er mit dem Handeln einverstanden ist oder er dies nachträglich billigt; die Regeln über die Vertretungsmacht gelten entsprechend.[40] Dies ist hier grundsätzlich anzunehmen. Die Erklärung ist dem Kunden voll zuzurechnen. Eine wirksame Weisung liegt in soweit vor. Überschreitet der Vertreter seine im Innenverhältnis erteilte Vertretungsmacht, gelten die allgemeinen Regeln, d.h. grundsätzlich würde nicht der Kunde, sondern der Handelnde verpflichtet.[41] Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Kunde durch Erteilung der Vollmacht gleichzeitig bewusst die Situation schafft, dass der Erklärungsempfänger die Tatsache der Vertretung nicht erkennen kann und vom unbeschränkt befugten Handeln des Kunden selbst ausgehen muss. Die Ermöglichung der Vornahme der Überweisung hat also auch Außenwirkung gegenüber der Bank, dahingehend, dass jemand tätig wird, der lediglich im Rahmen der kontovertraglichen Absprachen beschränkt tätig werden kann, im übrigen aber unbeschränkt ist.[42] Dem Verhalten ist eine Erklärungswirkung beizumessen. Daher ist die ausdrückliche oder konkludente Bevollmächtigung zur Vornahme einer Überweisung im Innenverhältnis gegenüber der Bank als konkludente unbeschränkte Außenvollmacht ansehen, so dass die Willenserklärung ebenfalls gemäß § 164 I, III BGB dem Kunden als eigene zuzurechnen ist.

3.) Missbrauchsfälle

Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass ein Dritter ohne Beauftragung des Kunden tätig geworden ist.
a) Abhandenkommen der PIN/TAN oder HBCI-Karte auf dem Postweg. Bis die Codes beim Kunden ankommen, kann eine Erklärung des Kunden oder eines beauftragten Dritten nicht erfolgen. Bevor der Zugang beim Kunden nicht sichergestellt ist, kann die Bank nicht darauf vertrauen, dass eine formell vom Kunden stammende Erklärung auch tatsächlich von diesem stammt. Folglich kommt auch eine Zurechnung bis zum nachgewiesenen Zugang nicht in Betracht. Verzichtet sie auf eine Bestätigung, trägt sie darüber hinaus das daraus resultierende Beweisrisiko.

b) Abhandenkommen von PIN/TAN bzw. HBCI-Karte beim Kunden Anders ist die Situation des Missbrauchs durch Dritte, wenn die Codes beim Kunden abhanden kommen bzw. ausgespäht werden. Eine Erklärung des Kunden liegt nicht vor. Von der derzeit hL wird vertreten, dass dem Kunden die Erklärung des Dritten unter dem Gesichtspunkt der Anscheinsvollmacht als eigene zuzurechnen sei.[43] Nach hM kann sich ein Vertretener nicht auf den Mangel der Vertretungsmacht eines Vertreters berufen, wenn er dessen wiederholtes und sich über einen gewissen Zeitraum erstreckendes Verhalten zwar nicht kannte, es aber bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen müssen und verhindern können, und wenn der Geschäftsgegner das Verhalten nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte dahin auffassen durfte, dass es dem Vertretenen bei verkehrsgemäßer Sorgfalt nicht habe verborgen bleiben können und dass dieser es also dulde.[44]
Eine Mindermeinung hält dieses Rechtsinstitut für systemfremd und nicht zulässig, da letztendlich die Zurechnung der Willenserklärung zu einem Vertragsschluss mit entsprechenden Erfüllungsansprüchen führt, obwohl ihr lediglich ein fahrlässiges Unterlassen zu Grunde liegt, die nach der Grundsystematik des BGB jedoch stets nur zu einem Schadensersatzanspruch, nicht aber zur einem Erfüllungsanspruch führt.[45] Selbst bei Akzeptanz der Anscheinsvollmacht müssten deren Voraussetzungen erfüllt sein. Ein Auftreten für den Vertretenen über einen längeren Zeitraum wird jedoch typischerweise nicht vorliegen, da ausgespähte TANs jeweils nur einmal verwendbar bleiben und das Fehlen der HBCI-Karte alsbald bemerkt und das Konto gesperrt werden wird. Ungeachtet dessen wenden Teile der Literatur die Anscheinsvollmacht an, da für den Bereich der Telekommunikation das Merkmal der gewissen Häufigkeit des Auftretens für den Vertretenen verzichtbar sei und die gegenteilige Auffassung den tatsächlichen Fallgestaltungen nicht gerecht werde.[46]

Eine Transaktion setze die Überwindung dreier Sicherheitshürden voraus, die, unter Annahme der Unabhörbarkeit der Codes bei der Transaktion, ausschließlich in der Sphäre des Kunden lägen.[47] Die Voraussetzung der Häufigkeit des Auftretens indiziere nur die weitere Voraussetzung, dass dem Vertretenen die Verhinderung des Auftretens möglich, er anscheinend jedoch bewusst nicht eingeschritten war.[48] Dann könne auf das Merkmal der Häufigkeit verzichtet werden, wo diese Vermutung anderweitig begründet ist;[49] so sei es beim Online-Banking. Maßgeblich könne nur die Frage sein, ob der Kunde den Missbrauch hätte verhindern können.[50] Da die Codes mit Ausnahme des Weges über den Kunden nicht zu erlangen seien,[51] müsse, wer Kenntnis der Codes hat, diese letztlich stets direkt oder indirekt vom Kunden erlangt haben.[52]

Dem widerspricht aber die tatsächliche Möglichkeit, auch ohne sorglosen Umgang mit den Codes an dieselben zu gelangen, wie dargestellt.[53] Dann kann die Sicherheit der Codes beim Kunden auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht per se unterstellt werden. Dann fehlt es aber an der Vermutung der Möglichkeit, das Auftreten als Vertreter zu unterbinden, die nach obiger Argumentation das Merkmal der Häufigkeit des Auftretens ersetzen kann.[54]

Darüber hinaus spricht weiter gegen eine Anscheinsvollmacht, dass die Bank schon nicht auf das Bestehen einer Vollmacht vertrauen kann, weil sie das Auftreten eines Bevollmächtigten im Hinblick auf die anonymisierte Erklärung gar nicht erkennen kann.[55] Die Vollmachtsregeln gelten bereits lediglich analog. Ebenso kann die Anscheinsvollmacht nur analog gelten. Dann scheinen aber die Grenzen der Analogie überschritten, wenn zusätzlich von allgemeinen Erfordernissen des analog angewandten Rechtsinstituts entbunden werden soll. Also liegt keine wirksame Weisung vor. Die vorgenommene Buchung der Bank ist dann keine erforderliche Aufwendung zur Durchführung eines Auftrages, § 670 BGB greift nicht.

In Betracht kommt jedoch ein Anspruch der Bank gegen den Kunden aus §§ 241 II, 280 I BGB. Dann müsste der Kunde eine vertragliche Nebenpflicht verletzt haben und der Bank hieraus ein Schaden entstanden sein,[56] wobei das Verschulden gemäß § 280 I 2 BGB vermutet wird. Als Nebenpflicht kommt eine Geheimhaltungspflicht hinsichtlich der Codes in Betracht, die bereits aus dem Giro-/Bank-Vertrag folgt und in allen Online-Banking-Vereinbarungen zusätzlich ausdrücklich geregelt ist. Hiernach hat der Kunde die Codes vertraulich zu behandeln und darf sie Dritten nicht zugänglich machen.

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Zu den Fußnoten – Stand 10/2002, Wiesbaden Rechtsanwalt C. Walter