Der Schutz von Sammelwerke und Datenbankwerke nach § 4 I, II UrhG

Durch das IuKDG vom 11. März 1996, welches die EU-Datenbankrichtlinie umgesetzt hat, wurde § 4 UrhG neugefasst. Nach Abs. 1 sind nunmehr Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elemente, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung darstellen, unbeschadet eines an den einzelnen Elementen gegebenenfalls gleichsam bestehenden Urheber- oder Leistungsschutzrechts, wie selbständige Werke geschützt (Sammelwerk).

Die angeordneten Elemente müssen selbst keinen Werkcharakter haben, wie nunmehr durch die Einfügung der Oberbegriffe „Daten oder andere unabhängige Elemente“ klargestellt wird. Das nunmehr hierdurch ersetzte Tatbestandsmerkmal des „Beitrags“ wurde in der alten Fassung von der hM, wenn auch bestritten, derart verstanden, dass hiermit Ausschnitte gemeint wurden, die selbst zwar ausnahmsweise keine Werkseigenschaft hatten, jedoch zumindest aus einem insgesamt geschützten Werk stammten.

Die Gesetzesänderung hat diesen Streit beendet. Vielmehr ergibt sich aus Erwägungsgrund 17 Satz 1 der Datenbankrichtlinie, dass mit dem anderen Element jegliches für den Menschen wahrnehmbare Material gemeint ist. Grund des Schutzes nach § 4 I UrhG ist nun nicht die schöpferische Kreativität des zusammengestellten, sondern vielmehr die Art und Weise der Zusammenstellung als solche, also die Auswahl und Struktur der Datenbank, die ihrerseits die Qualität der persönlich geistigen Schöpfung i.S.d. § 2 II UrhG aufweisen muss.

Etwaig bestehende Urheberrechte an den einzelnen Elementen der Datenbank bleiben von dem Schutz nach § 4 UrhG unberührt.

Absatz 2 regelt nunmehr die Datenbankwerke als den Spezialfall eines Sammelwerkes, bei dem die Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Nach hM handelt es sich bei diesem Tatbestandsmerkmal jedoch nur um eine Abgrenzung „nach unten“ zum einfachen, unstrukturierten Datenhaufen, so dass hier schon ein Minimum an Ordnung ausreicht. Durch den Verweis auf das Sammelwerk gelten im Übrigen die gleichen Voraussetzungen.

Schutzbegründend ist die persönlich-geistige Schöpfung, die in der Anordnung und Auswahl der Elemente liegen muss. Fraglich ist welche Anforderungen an die erforderliche Individualität gesetzt werden dürfen.

Die Rechtssprechung zum alten § 4 UrhG (entspricht etwa dem jetzigen Abs. 1) hat traditionell hohe Anforderungen gesetzt und darauf abgestellt, dass das vorhandene Material nach eigenständigen Kriterien ausgewählt oder nach individuellen Ordnungsgesichtspunkten zusammen gestellt wurde. Rein routinemäßige oder schematische Auswahl oder Anordnung genügten dem nicht, vielmehr mussten individuelle Strukturmerkmale verwendet werden, die nicht durch Sachzwänge diktiert werden. Die Anordnung anhand üblicher Ordnungsgesichtspunkte (Alphabet, Datum, vollständig fortlaufende Aktenzeichen, Telefon- und Adressbücher etc.) reichten hierfür jedoch nicht. So entbehrten insbesondere auf Vollständigkeit angelegte Sammlungen regelmäßig mangels Gestaltungsspielraums der erforderlichen Individualität. Nunmehr ergibt sich aus Erwägungsgrund 16 der Datenbankrichtlinie, der zur Auslegung der Richtlinienumsetzung und damit jedenfalls für die Datenbankwerke nach Abs. 2 maßgeblich ist, dass keine Beurteilung der Qualität oder des ästhetischen Wertes der Datenbank vorgenommen werden darf, so dass davon auszugehen ist, dass auch hier künftig die sogenannte kleine Münze angewandt werden muss. Die Anforderungen an die erforderliche Individualität dürfen somit für Abs. 2 nicht zu hoch angesetzt werden, wobei der BGH in seiner Tele-Info-Entscheidung weiterhin jedenfalls auf Vollständigkeit angelegte Datensammlungen unter dem Gesichtspunkt des § 4 UrhG eine hinreichende Gestaltungshöhe abgelehnt hat. Die hM hält Anforderungen jenseits der „kleinen Münze“ nicht mehr für richtlinienkonform.

Relevanz erreicht dieses Schutzrecht im Webpage-Bereich vor allem durch die Integration von umfangreichen Link-Sammlungen, Rechtsprechungsnachweisen, wissenschaftlichen Datenbanken oder ähnliche ausgewählte Datensammlungen.

Ergänzender Datenbankschutz nach § 87a ff
Einzelne Elemente einer Website können auch durch das ergänzende Leistungsschutzrecht der § 87a ff UrhG als Datenbank geschützt sein. Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.

Diese Definition unterscheidet sich von der in § 4 II UrhG nur dadurch, dass an Stelle der persönlich-geistigen Schöpfung der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition zur Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Elemente erforderlich ist. Somit gilt im Übrigen oben Gesagtes.

Was eine wesentliche Investition in diesem Sinne ist, verrät das Gesetz allerdings nicht und ist bislang auch nicht wissenschaftlich geklärt. Es ist im Hinblick auf Art. 7 der Datenbankrichtlinie und ihrer Entsehungsgeschichte davon auszugehen, dass als wesentliche Investition jeder nicht nur unerhebliche Aufwand  anzunehmen ist, der eine verwertbare Position verschafft, die üblicherweise nur gegen Vergütung mit Dritten geteilt wird. Maßgebliches Bezugsobjekt für die Investition sind dabei die Kosten für die Beschaffung des Datenbankinhalts, für die Datenaufbereitung und für die Bereitstellung der Datenbank, wohingegen die Kosten für die Datengewinnung als solche nicht hierunter fallen sollen, da die Datenbank das vorherige Bestehen der Daten bereits voraussetzt und diese somit nicht erfassen kann. Dieses Mindestmaß wird häufig erfüllt sein.

Geschützt werden hierüber demnach regelmäßig die Datenbankwerke nach § 4 II UrhG, aber auch sogenannte nicht-kreative Datenbanken, denen es an der persönlich-geistigen Schöpfungshöhe fehlt, also insbesondere auf Vollständigkeit angelegte Datensammlungen, wie elektronische Telefonbücher, Linksammlungen, etc. Der Schutz nach § 87a UrhG steht neben einem etwaig bestehenden Datenbankwerkschutz nach § 4 II UrhG.

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