Im geschäftlichen Verkehr ist auf die Wahrung der Lauterkeit, d.h. der guten Sitten im Rechtsverkehr zu achten. Diese ergeben sich teils aus Gesetz, werden jedoch im Übrigen maßgeblich aus der Verkehrsanschauung und wettbewerblichen Gepflogenheiten abgeleitet, die durch die Rechtsprechung in einer Vielzahl von Einzelfällen konkretisiert werden.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass derjenige, welcher sich in den geschäftlichen Verkehr begibt, die guten Sitten sowie das redliche Verhalten kennt bzw. kennen muss. Verstößt er hiergegen, weil er sie nicht kennt oder verhält er sich einfach nicht danach, liegt grundsätzlich eine Wettbewerbswidrigkeit vor. Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, § 3 UWG.

Dass die guten Sitten und redliches Geschäftsgebaren einzuhalten sind, dürfte nicht ernsthaft diskutabel sein. Entsprechend hat der Gesetzesgeber adäquate Maßnahmen vorzusehen, die die Einhaltung der guten Sitten und des redlichen Geschäftsgebaren gewährleisten und entsprechende Verstöße sanktionieren.

Hierzu kommt grundsätzlich die Möglichkeit der Schaffung einer staatlichen Überwachungsbehörde in Betracht, die im Auftrag des Gesetzgebers über die Einhaltung der Sitten wacht und im Falle eines Verstoßes mit Ordnungswidrigkeiten reagiert. Dies führte angesichts der unbeschreiblichen Größe des zu kontrollierenden Marktes jedoch zur Notwendigkeit der Schaffung einer Behörde, deren einziger Zweck in der permanenten Überwachung aller Marktteilnehmer im Wettbewerb bestünde. Diese könnte sodann im Wege von Verwaltungsmaßnahmen Ordnungsgelder verhängen, gegen die Rechtsmittel einzulegen wären und die dann gegebenenfalls zwangsweise zu vollstrecken sind. Dies will im Prinzip niemand.

Der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen die Schaffung eines solchen Überwachungsapparates entschieden und stattdessen die Überwachung des Marktverhaltens dem Markt selbst überlassen. Das bedeutet, dass jeder Wettbewerber grundsätzlich gehalten und berechtigt ist, dass Marktverhalten seiner Mitbewerber zu beobachten und etwaige Verstöße im eigenen Namen vor den Zivilgerichten zu verfolgen und damit auch zu sanktionieren. Das bedeutet, dass der Wettbewerber in gewissen Sinne Allgemeininteressen wahrnimmt, da seine Abmahnung das legitime Ziel hat, Wettbewerbsverstöße zu sanktionieren.
Ohne Abmahnungen gäbe es in Deutschland keine effektiven Sanktionen für Wettbewerbsverstöße, was zu einer schlagartigen Verrohung der Wettbewerbsregeln führen würde.

Hieraus hat sich ein sehr effektives System der wechselseitigen Überwachung der Marktteilnehmer entwickelt, welches grundsätzlich auch sehr angemessen funktioniert. Denn die Streitigkeiten werden exakt in dem Verhältnis geklärt, in dem sie auch als anstößig empfunden werden. Denn das wettbewerbswidrige Verhalten des Mitbewerbers wird von diesem in der Regel gerade deshalb durchgeführt, um sich einen Marktvorteil zu verschaffen, der gleichzeitig zu Lasten des abmahnenden Mitbewerbers geht. Umgekehrt liegt die Abmahnung im originären Interesse des Abmahnenden selbst, da dieser den rechtswidrig geschaffenen Wettbewerbsvorteil des Konkurrenten untersagen kann.

Entsprechendes gilt auch für die sonstigen gewerblichen Schutzrechte und das Urheberrecht; auch insoweit hat sich der Gesetzgeber entschieden, die Sanktionierung von Rechtsverletzungen primär den betroffenen Parteien zu überlassen. Allerdings existiert insbesondere beim Urheberrecht zusätzlich auch strafrechtlicher Schutz, der im reinen Wettbewerbsrecht/sonstigen gewerblichem Rechtsschutz eher von untergeordneter Bedeutung ist.

Im Ergebnis resultiert theoretisch aus dieser Wahrnehmung der berechtigten Eigeninteressen in der Summe die Wahrung des funktionierenden fairen Marktes.

Erfahren Sie mehr über das Recht der Abmahnungen auf Seiten des Abmahnenden bzw. auf Seiten des Abgemahnten